Jetzt mal im Ernst

Dein Leben passt nicht in einen Satz, auch wenn man es Dir nicht ansieht.

Und wie es IN Dir ausschaut, wissen ein, zwei Freundinnen. Wenn überhaupt. Ein Schneckenhaus ist Dein Lieblingsort, auch wenn Deine Art von manchen als arrogant wahrgenommen wird. Immer wieder gehst Du hart mit Dir ins Gericht, hin und wieder jagt das Todesurteil durch Deinen Kopf. Die Vergangenheit hat Dir die Gleise fest in den Boden gebrannt und Du kommst nicht von ihnen runter. Wer soll Dich verstehen, wenn Du es selbst kaum kannst? Einen Ausweg gibt es. Damit wären all Deine Probleme auf einmal gelöst. Mit „Selbst“ fängt es an. Mit „Bewusstsein“ geht es weiter.

Du musst nur!!!

Wie werde ich selbstbewusst?

„Sei es doch einfach mal!“

Kommt Dir dieser Satz bekannt vor? Ob vor dem Auftritt im Schultheater, vor einem Vorstellungsgespräch oder vor dem ersten Date: Der Ratschlag lässt selten auf sich warten. Gesagt wird er mit der unerschütterlichen Gewissheit, Selbstbewusstsein ließe sich wie eine Taschenlampe ein- und ausschalten. Ähnlich hilfreich sind Sätze wie:

Sei dir deiner Stärken bewusst!
Kein Problem, mach ich mit links.
Liebe dich selbst!
Mach ich jeden Tag!

Sie kommen aus der gleichen verstaubten Schublade wie der Satz „Du musst einfach positiv denken“, der Depressiven mitgegeben wird, der aber so hilfreich ist wie ein nasses Streichholz in dunkler Nacht für das Finden des Nachhauseweges.

Komischerweise kommt keiner auf die Idee, einem Baby zu sagen: „Nun lauf doch einfach los!“ Kein Lehrer fordert am allerersten Schultag von seinen neuen Schützlingen: „Nun schreibt und rechnet einfach!“ Keine Fahrlehrerin setzt sich neben ihren Fahranfänger, macht entspannt die Augen zu und sagt: „Nun fahren Sie einfach los und wecken Sie mich in einer halben Stunde Stadtverkehr.“

Gelernt ist gelernt

Wir gehen ein paar Jahr in die Kita, ca. 10 Jahre in die Schule bei unterschiedlichen Lehrern, haben für 2, 3 Jahre einige Ausbilder, für 5 Jahre ein paar Professoren vor der Nase. Doch die längste Zeit verbringen wir mit unseren wichtigsten Lehrern: unseren Eltern – wenn alles gut läuft. Wenn einer der beiden abhanden kommt auf welchem Wege auch immer, fallen einige Lektionen weg. Kinder orientieren sich zum Beispiel bei der Berufswahl eher an ihrem Vater.  Und vor allem sehen und lernen sie, wie Erwachsene miteinander umgehen: Berührungen, Streiten, Versöhnen, … Fällt dieser Unterricht oft aus, dann lernt das Kind weniger und die „Special effects“ im Jugend- und Erwachsenenalter sind vorprogrammiert.

Hauptfach: Selbstbewusstsein

Die wichtigste Lektion, die man von seinen Eltern lernen sollte: Selbstbewusstsein. Damit öffnet man sich Türen und schleicht nicht unsichtbar an ihnen vorbei. Aber wie kann ich als Erwachsener auf das, was mir an Gutem gelingt, stolz sein, wenn ich nie gelernt habe, dass ich etwas gut kann? Du weißt, dass Du das ein oder andere ganz gut kannst. Aber Du hältst den Ball ganz flach, denn dieses Wissen lässt Dich nicht aufrechter gehen. Das meiste Lob verpufft in Dir, genauso Komplimente. Für einen Moment bist Du stolz auf deine Leistung, aber morgen fühlst Du Dich so klein wie gestern. Du hast nie gelernt, mit Anerkennung umzugehen, weil es gerade von Deinen Eltern viel zu selten welche gab. Und Eltern sind in diesem Fach als Lehrer nicht ersetzbar, zu groß ist die Bindung.

Manche Eltern schaffen es, auch dann noch bei ihren Kindern das Selbstbewusstsein am Boden zu halten, wenn diese längst selbst erwachsen sind. „So dick wie du bist, brauchst du dich nicht wundern, wenn dich keiner will.“ Das sagt eine Mutter immer mal wieder ihrer 40-jährigen Tochter. Dass aber dieses Dicksein die eigene Schuld solcher Elternteile sein kann, auf den Trichter kommen sie nicht. Und wollen sie auch nicht. Denn dann müssten sie einen dicken Fehler eingestehen, was sie aber wegen ihres eigenen überschaubaren Selbstbewusstseins auch wieder nicht können. Für Dich ist aber solch ein Satz wieder ein Vermerk im Archiv: „Du bist Nichts.“

Große Klasse

Wenn Du glaubst, Du wärst mit Deinem Schneckenhaus-Wunsch so ziemlich allein: Absolut nicht. Wenn Du glaubst, Du wärst am untersten Ende der Selbstbewusstseins-Kette: Nein. Wie Du selbst haben es die Menschen um Dich herum gelernt, mit dem Mangel zu leben. So wie man es Dir schwer anmerkt, welche trüben Gedanken Dich seit der Kindheit verfolgen, wirst Du es Deiner Chefin, die immer so seltsam ist, Deinem Ausbilder, der das Einfühlungsvermögen einer Zwiebel hat, Deinem Gegenüber im Zug, das unglaublich cool wirkt, schwer anmerken können.  Du kannst davon ausgehen, dass Du in einer verdammt  großen Klasse bist, was mangelndes Selbstbewusstsein angeht.  Und Du würdest staunen, welche wenig schönen Geschichten Dir Chefin, Ausbilder und Gegenüber im Zug aus ihrer Kindheit und Gegenwart erzählen würden. Hinter so ziemlich jedem Menschen, der anderen mit seinen Macken das Leben schwer macht, stecken Eltern, die in ihrem Lehrer-Job durchgefallen sind. Und auch diese Eltern sind ziemlich sicher nicht unter einfachen Bedingungen aufgewachsen. Und auch Du wirst diesen Staffelstab weitergeben an Deine Kinder, wirst eine schwierige Chefin, ein wenig hilfreicher Ausbilder, wenn Du keinen anderen Weg für Dich entdeckst.

Sei bitte nicht selbstbewusst

Ernsthaft: Sei nicht selbstbewusst! Du richtest damit großen Schaden an. Von geringem Selbstbewusstsein profitieren Schokoladenhersteller, Autoren von Diätbüchern, Influencer mit ihren Workout-Videos, Alkoholproduzenten, … Du isst dich glücklich, musst dann natürlich abnehmen, weil dich ja sonst keiner will und ertränkst optional deine trüben Gedanken in Hochprozentigem. Neuerdings kannst du dich auch von Life-Coaches gegen gutes Geld aufbauen lassen. Menschen mit wenig Selbstwert tragen also ordentlich dazu bei, dass die Wirtschaft läuft. Mit Depressionen, Burnout und anderen Erkrankungen können sie auch das Gesundheitssystem in Schwung halten. Kliniken für psychische Erkrankungen sind gefragte Objekte für Investoren, das ist ein verdammt sicherer Zukunftsmarkt! Eigentlich kann man auf diese Menschen nicht verzichten. Dummerweise kämen aber diese Menschen mit einem gesunden Selbstbewusstsein besser klar. Aber keine Angst: Es gibt ja genug. (Kurze Unterbrechung. Wo liegt nur die Schokolade?!)

Schneckenhaus und Panzer

Ohne Selbstbewusstsein verkriechst Du Dich – oder legst Dir einen eisenharten Panzer an. Du meidest entweder jeden Konflikt – oder greifst an, bevor Du wieder angegriffen wirst. Der Hinweis auf Deine Fehler wird knallhart gekontert, ohne Rücksicht auf Verluste. Du willst nicht wieder gemobbt werden, nicht wieder Fußabtreter sein für die Launen der anderen. Also harte Selbstverteidigung von Anfang an. Nur nicht wieder Schwäche zeigen, denn das wurde bisher gnadenlos ausgenutzt. Dieser Panzer ist schwer, anstrengend zu tragen, aber so hast Du gelernt zu überleben. Dir wird geraten, doch dieses Schwergewicht einfach abzulegen, Dein wahres, verletzliches Ich zu zeigen. Aber warum solltest Du? Ein Soldat im Kampf gibt auch nicht freiwillig seine Waffen ab. Und so rau, wie die Umgangsformen geworden sind, bleibt es ein Kampfzustand. Es gibt keinen Grund, als Erste(r) abzurüsten.

Und jetzt folgen: „5 Wege, wie du ganz sicher selbstbewusst wirst!“

Das wäre nur logisch, oder? Probleme auflisten kann ja jeder. Viel interessanter ist die Lösung. Nur sind wir damit wieder beim Anfang: „Sei doch einfach selbstbewusst“ funktioniert nicht auf Knopfdruck. Hmm, Sackgasse?!

Die einfachste Lösung: Eltern geben ihrem Nachwuchs durch ihre Erziehung Selbstbewusstsein mit auf den Lebensweg. Durch Lob, Anerkennung, Förderung von Stärken, durch Sich kümmern um Schwächen. Nur sind Menschen selten ideal und wenn so viele Menschen über so wenig Selbstbewusstsein verfügen, können sie es ja auch schwer an ihre Kinder weitergeben. Also heißt es Waffen strecken und alles bleibt wie es ist?

Plan B: Glücks-Fall

Nachdem Du tapfer bis hierher gelesen hast, wäre „Waffen strecken!“ ein gemeines Ende. Natürlich gibt es Wege zum aufrechteren Gang. Aber diese Routenplanung passt nicht als Spruch auf ein Bildchen wie „Hinfallen, Aufstehen, Krone richten“. Klar kannst Du zehn Mal wieder in die Senkrechte kommen und die Dellen aus dem glänzenden Teil auf Deinem Kopf klopfen. Aber Du kannst auch das Laufen neu lernen, um das Hinfallen zu umgehen.

Vielleicht hast Du auch das Glück, beim Fallen aufgefangen zu werden: Eine zufällige Begegnung, die richtigen Worte zur richtigen Zeit. Ein Mensch tritt in Dein Leben, der Dich anders wahrnimmt als alle anderen, weil er Dich und Deine „Special effects“ versteht, dem du wirklich zu vertrauen lernst, dessen Komplimente keine billigen Versuche sind, Dich ins Bett zu bekommen, sondern wirkliche Anerkennung. Diesem Menschen glaubst du irgendwann, dass Deine Nase nicht zu groß ist oder Dein Hintern zu dick. Du fühlst Dich zum ersten Mal in Deinem Leben nicht als das ewige Mädchen oder der immer nette Kumpel, sondern als erwachsene Frau oder als echter Mann. Du wirst Dich nicht von heute auf morgen wohler fühlen in Deiner Haut. Es kann sich über Jahre ziehen, in denen Du immer wieder ein Stückchen auf dem neuen Weg vorankommst. Möglicherweise bist du dann inzwischen um die 40, siehst die Dinge mit dem Alter eh etwas lockerer.

Plan A: Laufen neu lernen

Willst Du nicht auf den Zufall angewiesen sein, kann Dir eine neue Sicht auf die Dinge helfen. Du wirst sie nicht durch herzzerreißende Filme oder kitschige Bücher bekommen. Klar kann Dich auch ein Vampir beißen und alles wird super. Klar kannst Du einem der unzähligen Milliardäre über den Weg laufen, der Dich von Deinen Fesseln befreit und Dich in selbige legt. Der Bad Boy kann Dich hinter die Bühne bitten und dann kannst Du ihn zähmen. Kein Ding. Das passiert häufiger als man denkt. Wirklich.

Bis der Vampir aber seine Zähne frisch geschärft und der Milliardär seinen Privatjet aufgetankt hat, kannst Du auf Entdeckungsreise gehen. Um Dinge neu betrachten zu können,  muss man hin und wieder auf einen Berg. Der Weg hinauf kann anstrengend sein, aber die Aussicht lohnt sich und Du hast lange etwas davon.

Und jetzt die richtig gute Nachricht

Du musst Dich nicht ändern. Änderungen machen gerade Menschen mit wenig Selbstbewusstsein „Angst“. Was kommt da auf mich zu? Veränderungen im bisherigen Leben waren meist negativ, z.B. die Trennung der Eltern. Und Erfolgserlebnisse sind auch oft Mangelware, also würdest Du hinter einem „Ändere Dich! Werde endlich selbstbewusst!“ auch keine guten Aussichten vermuten. Menschen ändern sich nicht. Aber Du kannst etwas in Dir freilegen, was schon immer da war. Was Dir dabei als Belohnung winkt?

Freiheit!

Fehlendes Selbstbewusstsein ist ein Gefängnis. Du fühlst Dich winzig, ängstlich. Wenn Dich nicht gerade Freunde mitschleppen, bleibst Du lieber zu Hause und das Leben zieht an Dir vorbei wie an einem Häftling. Selbstbewusstsein befreit Dich.

Fehlendes Selbstbewusstsein killt Deine Beziehung auf mehrere Arten. Zuerst kann Dich der Mangel immer wieder in die Hände des/der Falschen treiben, denn: „Dich nimmt ja eh kein(e) andere(r), also MUSS ich die/den nehmen.“ Mit geringem Ego sagst Du entweder zu allem Ja und Amen oder Du bist kompromisslos, kannst mit einem Nein nicht umgehen, weil Du dies als persönliche Zurückweisung verstehst, so wie Du es in Deinen jungen Jahren immer wieder erlebt hast. Aber in einer Beziehung brauchst Du Kompromissbereitschaft, sollst Dich aber auch nicht unterbuttern lassen. Erdrückende Eifersucht bis hin zum ständigen Überwachen des anderen ist ein häufig zu sehender Zwilling des winzigen Egos. Sie nervt nicht nur den Partner, sie raubt auch dir viel Energie. Mit Selbstbewusstsein kannst Du frei über den Dingen stehen.

Mangelnder Selbstwert verdirbt Dir den Spaß. Deinen Körper mit den vielen Problemzonen soll bloß keiner sehen. Also bitte Licht aus!  Kannst Du aber problemlos mit Deinem Hintern leben, wird Dir das Fallenlassen nicht mehr schwer fallen. Einfach frei genießen, Komplimente annehmen können.

Kann nicht alles so bleiben?

Selbstbewusstsein wird also von den Eltern gegeben – oder nicht. Und wir geben es an eigene Kinder weiter und/oder stehen uns selbst im Weg. Du kannst sauer auf Deine Eltern sein, dass sie Dir das Leben so schwer gemacht haben. Aber wenn alles beim alten bleibt, könnte Dir eines Tages der gleiche Vorwurf von Deinem Nachwuchs gemacht werden, wenn dieser zu Deinen Lebenszielen gehört. Gerade wer Kinder hat oder bekommen möchte, will doch nicht, dass Tochter oder Sohn das gleiche Geraffel durchmachen muss wie man selbst: Mobbing, Lernprobleme, miese Beziehungen, sich selbst im Weg stehen, … Du räumst also der nächsten Generation die Bahn frei. Freiheit für Sophie, Ben, Julia, Ralf, Marie, Max, Sarah, Felix … Aber auch Freiheit für Dich selbst.

Komm mit!

Und mach Dich frei. Nein, so war das nicht gemeint, zieh Dich ruhig wieder an *g* Wir würden nackt tanzen, wenn es uns gelingen würde, Dich mit dieser Website und mit unserem Buch „Ruth & Knut – Auf der Suche nach der verlorenen Liebe“ frei zu machen, so dass Du Dich wirklich fallenlassen kannst.  Wir werden gemeinsam Ausdauer brauchen, denn etwas jahrelang Erlerntes geht nicht in einer Stunde, einem Tag oder einem Monat über Bord. Aber diese Geduld aufzubringen, wird sich lohnen. Du darfst natürlich gern Deine Erfahrungen und Gedanken mit uns teilen.

Ein Etappenziel ist es, Dich Deine Problemzonen vergessen zu lassen. Aus Gründen der Diskretion möchten wir nicht verraten, wer zu folgendem Beitrag „Model“ stand *g*, aber er (oder sie?)  hat einen richtig guten Riecher.

Nimm uns an die Hand und reise mit uns durch Welten voller Liebe und Schmerz.

Die Bilder führen zu den jeweiligen Bänden im bod.de-Shop.